Der Antichrist
Nun begegnen wir einem ganz neuen Symbol, das ebenfalls zu der antichristlichen Gesamtkonstellation aus politisch-irdischer und religiös-geistlicher Macht gehört. Es hat einen Grund, weshalb Gott solche Bilder wählte; verständlicher hätte Er den Sinn nicht treffen können. In Offbg. 17 wird das letzte Weltreich in seiner Endphase dargestellt. Die Hauptrolle spielt dabei die große Buhlerin, die auf dem Tier reitet, also die Herrschaft über die weltliche Macht ausübt, bzw. sie für ihre Zwecke benutzt. Johannes hörte eine Stimme sagen: "Komm, ich will dir das Gericht über die große Buhlerin zeigen, die an vielen Wassern ihren Sitz hat, mit der die Könige der Erde gebuhlt haben und von deren Unzuchtswein die Bewohner der Erde trunken geworden sind" (Vers 1). Bedenken wir, daß dies eine Beurteilung aus der Sicht Gottes ist. Den Menschen erscheint die Sache ganz anders. Die Mächtigen der Erde wetteifern um ihre Gunst, und die Bewohner der Erde haben ihre nüchterne Urteilskraft verloren. Johannes berichtet weiter: "So entführte er mich denn im Geist in eine Wüste, und ich sah dort ein Weib auf einem scharlachroten Tier sitzen, das mit gotteslästerlichen Namen übersät war und sieben Köpfe und zehn Hörner hatte." (Vers 3).
Um den Sinn zu verstehen, müssen wir uns mit dem Begriff "Weib" ein wenig näher befassen und herausfinden, warum die Schrift in diesem Zusammenhang von einer "Buhlerin" spricht. Im Alten Testament bezeichnete Gott Israel wiederholt als Sein Weib — Seine Gemeinde, in die Er den Samen Seines Wortes legte. Später rügt Er ihre Untreue und tadelt sie wegen ihrer geistlichen Hurerei in Verbindung mit Götzendienst. Sie wandte sich vom Wort und damit von Ihm ab, nahm fremden Samen in sich auf und beging so geistliche Hurerei. "Stellt eure Mutter zur Rede, ja zur Rede — sie ist ja nicht mehr Mein Weib, und Ich bin nicht ihr Mann —, daß sie die Buhlerei aus ihrem Gesicht und die Ehebrecherei von ihrem Busen wegschaffe! ... Auch ihren Kindern will Ich keine Liebe mehr erweisen, weil sie Kinder einer Dirne sind; denn ihre Mutter hat Ehebruch begangen, ihre Erzeugerin sich mit Schande bedeckt" (Hos. 2, 4 + 6-7a).
Zu dem Propheten Jeremia sprach der HErr: "Hast du gesehen, wie Israel, das abtrünnige Weib, es getrieben hat? Sie ist auf jeden hohen Berg und unter jeden dichtbelaubten Baum gegangen und hat dort Ehebruch getrieben" (Kap. 2, 6). Der Abfall von Gott und Seinem Wort führt vom Gottesdienst zum Götzendienst. So wird ein Geschlecht von unechten Kindern geboren, die zugleich Kinder einer Hure genannt werden: "Ihr ganzes Tun gestattet ihnen nicht, zu ihrem Gott umzukehren; denn der Geist der Abgötterei wohnt in ihrem Herzen, und Erkenntnis des HErrn besitzen sie nicht. ... Sie haben Treubruch gegen den HErrn begangen, denn sie haben ein Geschlecht von unechten Kindern gezeugt" (Hos. 5, 4 + 7).
Dem Propheten Hosea zeigte der HErr aber auch schon den Stand der neutestamentlichen Gemeinde, der ihr durch Gnade und Erlösung geschenkt wurde. Die Ankündigung lautet: "Und Ich will Mich mit dir verloben auf ewig, ja, Ich will Mich mit dir verloben in Gerechtigkeit und Recht, in Liebe und Erbarmen. Ja, in Treue will Ich Mich mit dir verloben, und du wirst Mich, den HErrn, erkennen" (Kap. 2, 21-22). Gott hat durch Seine Menschwerdung ein Liebesverhältnis zu Seiner Gemeinde hergestellt. Als HErr ist Er Erlöser geworden und hat den Seinen durch den Kreuzestod ein für allemal Versöhnung und Vergebung geschenkt. Indem Er ihnen in Liebe und Barmherzigkeit die Gottesgerechtigkeit zurückgab, hat Er die Herausgerufenen kollektiv als Seine Geliebte in einen "Brautstand" versetzt. Die Erlösten bilden die "Brautgemeinde", Er ist ihr "Bräutigam".
Als Johannes der Täufer von Gott gesandt auftrat, sagte er: "Wer die Braut hat, ist der Bräutigam; der Freund des Bräutigams aber, der dabeisteht und ihm zuhört, freut sich von Herzen über den Jubelruf des Bräutigams" (Joh. 3, 29). Das Gesetz und die Propheten reichten bis auf Johannes; von da an wurde das Reich Gottes gepredigt (Luk. 16, 16). Johannes war der erste, der von der Braut und dem Bräutigam sprach. In diesem "Brautstand" befindet sich die Gemeinde des HErrn, die Ecclesia, während der Zeit des Neuen Bundes. In Matth. 25 sprach Jesus von sich selbst als dem Bräutigam und von den klugen, reinen, geisterfüllten Jungfrauen, die bei Seiner Wiederkunft mit Ihm zum Hochzeitsmahl eingehen. Die vollendete Schar in der Herrlichkeit wird in Offbg. 19, 7 gezeigt. Sie ruft aus: "Laßt uns fröhlich sein und jubeln und Ihm die Ehre geben! Denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und Seine Braut hat sich bereitet."
Ebenso, wie es eine wahre Braut gibt, die wie Maria damals im jungfräulichen Zustand das Verheißungswort für diese Stunde aufnimmt, gibt es auch eine von Gott abgefallene Dirne, die fremden Samen aufgenommen hat. In Offbg. 17 ist die abgefallene Institution deutlich beschrieben. Sie wird dort als "große Buhlerin" bezeichnet. Zum besseren Verständnis muß ihr das in Offbg. 12 gezeigte Weib, welches die wahre Gemeinde symbolisiert, gegenübergestellt werden. Der krasse Gegensatz zwischen diesen beiden prophetischen Bildern ist nicht zu übersehen.
Das Weib in Offbg. 12 ist mit der Sonne überkleidet. Das deutet auf Christus, die Sonne der Gerechtigkeit, hin — auf den Gnadenstand, der den Seinen während des Neuen Bundes geschenkt ist. Der Mond stellt das Alte Testament mit den darin gegeben Verheißungen dar. Es ist ja die Grundlage des Neuen Testaments. Wie der Mond im Natürlichen sein Licht von der Sonne empfängt, so wird in geistlicher Hinsicht das Alte Testament durch seine Verwirklichung, also durch das Neue, erleuchtet. Das Neue Testament beinhaltet die Erfüllung aller alttestamentlichen Verheißungen.
Die neutestamentliche Gemeinde ist auf dem Fundament des Alten Testaments gegründet. Jesus und die Apostel bezogen sich ausschließlich auf das Alte Testament; das Neue war zu der Zeit ja noch gar nicht geschrieben. Alles, was heilsgeschichtlich im Neuen geschieht, kann einwandfrei aus dem Alten nachgewiesen werden. Deshalb bilden Altes und Neues Testament ein Ganzes. Im Alten hat Gott das Heil angekündigt, im Neuen hat Er es geschenkt.
Die Krone mit den zwölf Sternen, die das Weib trägt, vesinnbildlicht, daß die wahre Gemeinde mit der Lehre der zwölf Apostel gekrönt ist. In dem Bild in Offbg. 12 war das Weib guter Hoffnung und schrie in Geburtsschmerzen und Kindesnöten, was bedeutet, daß aus der Gemeinde, die den göttlichen Samen des Wortes aufnimmt, die Überwinderschar herausgeboren wird. Aus der gesamten Menge der Berufenen kommen die Auserwählten hervor.
"Der Drache stellte sich dann vor das Weib, die in Wehen lag, um ihr Kind sofort nach der Geburt zu verschlingen" (Offbg. 12, 4). Eigenartigerweise hat der Drache genau wie das Tier, auf dem die Hure aus Offbg. 17 reitet, ebenfalls sieben Köpfe und zehn Hörner. Das Reich Satans ist das des Antichristen. Es ist Satan gelungen, sein Reich hier auf Erden aufzurichten, in dem er durch seinen Stellvertreter das ausfüht, was er sich vorgenommen hat.
Obwohl die Auserwählten die großen apokalyptischen Zorngerichte nicht miterleben werden, bleibt ihnen der Druck einer kurzen Prüfungszeit nicht erspart. Dies wird dadurch ausgedrückt, daß sich der Drache wütend vor das Weib stellt. Durch diese auf Erden befindliche Macht bedrängt er die Gemeinde. Sobald der Zusammenschluß von politischer und religiöser Macht vollzogen ist, wird vom religiösen über den politischen Bereich Druck ausgeübt werden. Alle, die sich dem dann dominierenden Staatssystem mit dem herrschenden Religionssystem hinter sich nicht fügen, werden es zu spüren bekommen.
Jetzt wollen wir uns wieder der großen Buhlerin zuwenden, die auf dem Tier mit den sieben Köpfen und den zehn Hörnern sitzt. Das buhlerische Weib auf dem Tier ist die von Gott abgefallene religiöse Weltmacht, die sich, wie in diesem Bild ausgedrückt, der weltlich-politischen Regierung bedient. Sie war in Purpur und Scharlach gekleidet und mit Gold, Edelsteinen und Perlen reich geschmückt (Vers 4). Das bedarf keiner weiteren Erläuterung. Es gibt nur eine solche Institution auf Erden. "In ihrer Hand hielt sie einen goldenen Becher, der mit Greueln und mit dem Schmutz ihrer Buhlerei gefüllt war." Trotz ihres prachtvollen Aussehens war der goldene Becher in ihrer Hand voller Greuel.
Auch die Buhlerin aus Offbg. 17 ist Mutter. Darüber gibt uns der 5. Vers Aufschluß: "... und auf ihrer Stirn stand ein Name geschrieben, ein Geheimnis: 'Groß-Babylon, die Mutter der Buhlerinnen und der Greuel der Erde.'" In der letzten Phase ist es nicht nur Babylon, sondern "Groß-Babylon". Sie hat viele Töchter, die aus ihrem Schoß hervorgegangen sind. Wie die Mutter von Gott abgefallen und Ihm untreu geworden ist, wandten sich auch ihre Töchter — die Denominationen — vom Original-Wort Gottes und damit von Ihm ab und verstrickten sich in eigenen Lehren und selbstformulierten Glaubensbekenntnissen. Sie nahmen unbiblische Überlieferungen von ihrer Mutter als Erbe mit, trieben wie sie in den Augen Gottes geistliche Hurerei und werden somit von Ihm ebenfalls als Buhlerinnen bezeichnet.
Was Johannes in Vers 6 berichtet, ist schockierend: "Ich sah das Weib trunken vom Blut der Heiligen und vom Blut der Zeugen Jesu. Bei ihrem Anblick geriet ich in großes Staunen." Die Kirchengeschichte gibt die Zahl der Märtyrer unterschiedlich an. Die höchste Schätzung liegt, soweit dem Schreiber bekannt ist, bei 68 Millionen. Die tatsächliche Anzahl der um des Glaubens willen Ermordeten weiß nur Gott. Kein Wunder also, daß Johannes erstaunt war, als er dieses Weib vom Blut der Heiligen und der Zeugen Jesu trunken sah. Für Uneingeweihte mag das unvorstellbar sein, doch die wahrhaft an Christus Gläubigen werden seit jeher von dem antichristlichen System verfolgt. In Offbg. 18 steht zum Schluß: "... durch deine Giftmischereien sind alleVölker verführt worden; und in ihr ist das Blut der Propheten und Heiligen und aller derer gefunden, die auf der Erde hingeschlachtet worden sind" (Vers 23-24).
Die Kirchengeschichte ist tief in das Blut der Märtyrer getaucht. Erst im Zweiten Vatikanischen Konzil, das von 1962 bis 1965 dauerte, hat man sich darauf geeinigt, den Fluch über die Juden nicht länger aufrechtzuerhalten, die als "Christusmörder" gebrandmarkt wurden. Die Juden sind aufgrund dieser Verfluchung seitens der Päpste in all den Jahrhunderten verfolgt, enteignet und getötet worden! Das gleiche geschah mit allen Andersgläubigen. Doch wer spricht heute noch von dem Massaker in Irland? Wer kennt noch die Hintergründe der spanischen Inquisition oder der Bartholomäusnacht in Frankreich? Wer weiß, was mit den Hugenotten geschah oder mit den Mennoniten? Wer hat je von der Enteignung und Vertreibung der Waldenser gehört? Was ist mit all den Bannflüchen, die besonders auf dem Konzil zu Trient über "Andersgläubige" ausgesprochen wurden? Sie wurden nicht aufgehoben. An der Zielsetzung und am Wesen dieser Institution hat sich nichts geändert, nur an der Strategie. Werden nicht alle Anders- bzw. biblisch Gläubigen immer noch als Ketzer, Sektierer usw. betrachtet?
In Offbg. 17, von Vers 7 wird uns die geheimnisvolle Gesamtkonstellation noch einmal sehr genau geschildert. Der Engel fragte Johannes: "Warum bist du so erstaunt? Ich will dir Aufschluß geben über das Geheimnis des Weibes und des Tieres, auf dem sie sitzt und das die sieben Köpfe und zehn Hörner hat." Er bekam folgende Erläuterung: "Das Tier, das du gesehen hast, ist dagewesen und ist nicht mehr; doch wird es aus dem Abgrund wieder heaufsteigen und ins Verderben fahren." Diese Macht kommt nicht von oben, sondern von unten. Ihr Anführer und die ihm folgen, fahren ins Verderben wie Judas. Durch den Untergang des römischen Reiches büßte Rom seine Weltmacht vorübergehend ein, doch am Ende wird es durch den religiösen Einfluß in einem unvorstellbaren Ausmaß wieder erstarken.
Wer immer noch rätselt, dem möge der folgende Vers die letzten Zweifel nehmen: "Hier ist Verstand erforderlich, der mit Weisheit gepaart ist. Die sieben Köpfe sind sieben Berge, auf denen das Weib thront." Der Zusammenhang beweist eindeutig, welche Stadt es ist, die auf sieben Hügeln erbaut wurde. Wer aufmerksam gelesen hat, müßte auch imstande sein, die Beschreibung des Weibes richtig einzuordnen, das in dieser sogenannten "ewigen" Stadt ihren Sitz hat. Doch es ist, wie Gottes Wort uns sagt, göttliche Weisheit gepaart mit dem rechten Verständnis notwendig, um es zu erkennen.
Die sieben Köpfe haben jedoch nicht nur eine einfache Bedeutung: sie versinnbildlichen außerdem sieben hervorragende Herrscher, von denen fünf bereits gewesen waren, als Johannes die Vision sah; der sechste war zu seiner Zeit da, und der siebte gehört in die Endzeit. Drittens symbolisieren sie aber auch die führenden Köpfe innerhalb des wiederhergestellten römischen Welt-Imperiums.
"Ferner das Tier, das gewesen war und nicht mehr da ist, ist selbst der achte und gehört trotzdem zu den sieben und fährt dahin ins Verderben" (Vers 11). Das ist höchst interessant. Hier ist von einem achten Machthaber die Rede, der auch als Tier bezeichnet wird.
Wer an einer Besichtigung des Vatikans teilnimmt, erfährt als erstes, daß der Vatikan ein selbständiger Staat ist mit allem, was zu einer irdischen Regierung gehört. So begreifen wir, daß der achte geographisch zu den sieben gehört, aber trotzdem eigenständig als "Vatikanstadt" existiert. Ein Staat mitten in einem Staat, klarer kann es nicht gemacht werden. Damit sich biblische Prophetie erfüllt, hat Benito Mussolini durch die Lateran-Verträge im Jahre 1929 dem Papst die "Vatikanstadt" als Hoheitsgebiet zugesichert. Am 20. Juli 1933 folgte das Reichskonkordat zwischen Hitler und Pius XI. Damit hatten die beiden katholischen Männer die mächtige Kirche hinter sich.
Folgende Zusammenhänge wurden dem Johannes erläutert: "Die Wasser, die du gesehen hast, wo die Buhlerin thront, sind Völker und Scharen, Völkerschaften und Sprachen" (Vers 15). Das betrifft Europa, wo es schon damals eine Masse von Völkern und Sprachen gab. Der 18. Vers bedarf keiner weiteren Erläuterung: "Das Weib endlich, das du gesehen hast, ist die große Stadt, welche die Herrschaft über die Könige der Erde hat."
Wer will leugnen, daß alle maßgebenden Persönlichkeiten, besonders Politiker, die aufsteigen möchten, nach Rom reisen? Gäbe es dort nicht den Vatikan, würde keiner von ihnen dieser Stadt irgendeine Bedeutung beimessen. So aber gehören Berichte von Audienzen der Persönlichkeiten aller Systeme mit zu den wichtigsten Schlagzeilen und Berichterstattungen der Massenmedien.
Durch die diplomatischen Kanäle ist eine unbegrenzte Einflußnahme in jedem wichtigen Land der Erde möglich geworden. Es gibt nur eine Macht auf Erden, die sowohl offen als auch versteckt Herrschaft über Könige und Staatsoberhäupter, über Demokratien und Diktaturen ausübt. Es gibt nur eine weltumfassende Supermacht.
Nun begegnen wir einem ganz neuen Symbol, das ebenfalls zu der antichristlichen Gesamtkonstellation aus politisch-irdischer und religiös-geistlicher Macht gehört. Es hat einen Grund, weshalb Gott solche Bilder wählte; verständlicher hätte Er den Sinn nicht treffen können. In Offbg. 17 wird das letzte Weltreich in seiner Endphase dargestellt. Die Hauptrolle spielt dabei die große Buhlerin, die auf dem Tier reitet, also die Herrschaft über die weltliche Macht ausübt, bzw. sie für ihre Zwecke benutzt. Johannes hörte eine Stimme sagen: "Komm, ich will dir das Gericht über die große Buhlerin zeigen, die an vielen Wassern ihren Sitz hat, mit der die Könige der Erde gebuhlt haben und von deren Unzuchtswein die Bewohner der Erde trunken geworden sind" (Vers 1). Bedenken wir, daß dies eine Beurteilung aus der Sicht Gottes ist. Den Menschen erscheint die Sache ganz anders. Die Mächtigen der Erde wetteifern um ihre Gunst, und die Bewohner der Erde haben ihre nüchterne Urteilskraft verloren. Johannes berichtet weiter: "So entführte er mich denn im Geist in eine Wüste, und ich sah dort ein Weib auf einem scharlachroten Tier sitzen, das mit gotteslästerlichen Namen übersät war und sieben Köpfe und zehn Hörner hatte." (Vers 3).
Um den Sinn zu verstehen, müssen wir uns mit dem Begriff "Weib" ein wenig näher befassen und herausfinden, warum die Schrift in diesem Zusammenhang von einer "Buhlerin" spricht. Im Alten Testament bezeichnete Gott Israel wiederholt als Sein Weib — Seine Gemeinde, in die Er den Samen Seines Wortes legte. Später rügt Er ihre Untreue und tadelt sie wegen ihrer geistlichen Hurerei in Verbindung mit Götzendienst. Sie wandte sich vom Wort und damit von Ihm ab, nahm fremden Samen in sich auf und beging so geistliche Hurerei. "Stellt eure Mutter zur Rede, ja zur Rede — sie ist ja nicht mehr Mein Weib, und Ich bin nicht ihr Mann —, daß sie die Buhlerei aus ihrem Gesicht und die Ehebrecherei von ihrem Busen wegschaffe! ... Auch ihren Kindern will Ich keine Liebe mehr erweisen, weil sie Kinder einer Dirne sind; denn ihre Mutter hat Ehebruch begangen, ihre Erzeugerin sich mit Schande bedeckt" (Hos. 2, 4 + 6-7a).
Zu dem Propheten Jeremia sprach der HErr: "Hast du gesehen, wie Israel, das abtrünnige Weib, es getrieben hat? Sie ist auf jeden hohen Berg und unter jeden dichtbelaubten Baum gegangen und hat dort Ehebruch getrieben" (Kap. 2, 6). Der Abfall von Gott und Seinem Wort führt vom Gottesdienst zum Götzendienst. So wird ein Geschlecht von unechten Kindern geboren, die zugleich Kinder einer Hure genannt werden: "Ihr ganzes Tun gestattet ihnen nicht, zu ihrem Gott umzukehren; denn der Geist der Abgötterei wohnt in ihrem Herzen, und Erkenntnis des HErrn besitzen sie nicht. ... Sie haben Treubruch gegen den HErrn begangen, denn sie haben ein Geschlecht von unechten Kindern gezeugt" (Hos. 5, 4 + 7).
Dem Propheten Hosea zeigte der HErr aber auch schon den Stand der neutestamentlichen Gemeinde, der ihr durch Gnade und Erlösung geschenkt wurde. Die Ankündigung lautet: "Und Ich will Mich mit dir verloben auf ewig, ja, Ich will Mich mit dir verloben in Gerechtigkeit und Recht, in Liebe und Erbarmen. Ja, in Treue will Ich Mich mit dir verloben, und du wirst Mich, den HErrn, erkennen" (Kap. 2, 21-22). Gott hat durch Seine Menschwerdung ein Liebesverhältnis zu Seiner Gemeinde hergestellt. Als HErr ist Er Erlöser geworden und hat den Seinen durch den Kreuzestod ein für allemal Versöhnung und Vergebung geschenkt. Indem Er ihnen in Liebe und Barmherzigkeit die Gottesgerechtigkeit zurückgab, hat Er die Herausgerufenen kollektiv als Seine Geliebte in einen "Brautstand" versetzt. Die Erlösten bilden die "Brautgemeinde", Er ist ihr "Bräutigam".
Als Johannes der Täufer von Gott gesandt auftrat, sagte er: "Wer die Braut hat, ist der Bräutigam; der Freund des Bräutigams aber, der dabeisteht und ihm zuhört, freut sich von Herzen über den Jubelruf des Bräutigams" (Joh. 3, 29). Das Gesetz und die Propheten reichten bis auf Johannes; von da an wurde das Reich Gottes gepredigt (Luk. 16, 16). Johannes war der erste, der von der Braut und dem Bräutigam sprach. In diesem "Brautstand" befindet sich die Gemeinde des HErrn, die Ecclesia, während der Zeit des Neuen Bundes. In Matth. 25 sprach Jesus von sich selbst als dem Bräutigam und von den klugen, reinen, geisterfüllten Jungfrauen, die bei Seiner Wiederkunft mit Ihm zum Hochzeitsmahl eingehen. Die vollendete Schar in der Herrlichkeit wird in Offbg. 19, 7 gezeigt. Sie ruft aus: "Laßt uns fröhlich sein und jubeln und Ihm die Ehre geben! Denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und Seine Braut hat sich bereitet."
Ebenso, wie es eine wahre Braut gibt, die wie Maria damals im jungfräulichen Zustand das Verheißungswort für diese Stunde aufnimmt, gibt es auch eine von Gott abgefallene Dirne, die fremden Samen aufgenommen hat. In Offbg. 17 ist die abgefallene Institution deutlich beschrieben. Sie wird dort als "große Buhlerin" bezeichnet. Zum besseren Verständnis muß ihr das in Offbg. 12 gezeigte Weib, welches die wahre Gemeinde symbolisiert, gegenübergestellt werden. Der krasse Gegensatz zwischen diesen beiden prophetischen Bildern ist nicht zu übersehen.
Das Weib in Offbg. 12 ist mit der Sonne überkleidet. Das deutet auf Christus, die Sonne der Gerechtigkeit, hin — auf den Gnadenstand, der den Seinen während des Neuen Bundes geschenkt ist. Der Mond stellt das Alte Testament mit den darin gegeben Verheißungen dar. Es ist ja die Grundlage des Neuen Testaments. Wie der Mond im Natürlichen sein Licht von der Sonne empfängt, so wird in geistlicher Hinsicht das Alte Testament durch seine Verwirklichung, also durch das Neue, erleuchtet. Das Neue Testament beinhaltet die Erfüllung aller alttestamentlichen Verheißungen.
Die neutestamentliche Gemeinde ist auf dem Fundament des Alten Testaments gegründet. Jesus und die Apostel bezogen sich ausschließlich auf das Alte Testament; das Neue war zu der Zeit ja noch gar nicht geschrieben. Alles, was heilsgeschichtlich im Neuen geschieht, kann einwandfrei aus dem Alten nachgewiesen werden. Deshalb bilden Altes und Neues Testament ein Ganzes. Im Alten hat Gott das Heil angekündigt, im Neuen hat Er es geschenkt.
Die Krone mit den zwölf Sternen, die das Weib trägt, vesinnbildlicht, daß die wahre Gemeinde mit der Lehre der zwölf Apostel gekrönt ist. In dem Bild in Offbg. 12 war das Weib guter Hoffnung und schrie in Geburtsschmerzen und Kindesnöten, was bedeutet, daß aus der Gemeinde, die den göttlichen Samen des Wortes aufnimmt, die Überwinderschar herausgeboren wird. Aus der gesamten Menge der Berufenen kommen die Auserwählten hervor.
"Der Drache stellte sich dann vor das Weib, die in Wehen lag, um ihr Kind sofort nach der Geburt zu verschlingen" (Offbg. 12, 4). Eigenartigerweise hat der Drache genau wie das Tier, auf dem die Hure aus Offbg. 17 reitet, ebenfalls sieben Köpfe und zehn Hörner. Das Reich Satans ist das des Antichristen. Es ist Satan gelungen, sein Reich hier auf Erden aufzurichten, in dem er durch seinen Stellvertreter das ausfüht, was er sich vorgenommen hat.
Obwohl die Auserwählten die großen apokalyptischen Zorngerichte nicht miterleben werden, bleibt ihnen der Druck einer kurzen Prüfungszeit nicht erspart. Dies wird dadurch ausgedrückt, daß sich der Drache wütend vor das Weib stellt. Durch diese auf Erden befindliche Macht bedrängt er die Gemeinde. Sobald der Zusammenschluß von politischer und religiöser Macht vollzogen ist, wird vom religiösen über den politischen Bereich Druck ausgeübt werden. Alle, die sich dem dann dominierenden Staatssystem mit dem herrschenden Religionssystem hinter sich nicht fügen, werden es zu spüren bekommen.
Jetzt wollen wir uns wieder der großen Buhlerin zuwenden, die auf dem Tier mit den sieben Köpfen und den zehn Hörnern sitzt. Das buhlerische Weib auf dem Tier ist die von Gott abgefallene religiöse Weltmacht, die sich, wie in diesem Bild ausgedrückt, der weltlich-politischen Regierung bedient. Sie war in Purpur und Scharlach gekleidet und mit Gold, Edelsteinen und Perlen reich geschmückt (Vers 4). Das bedarf keiner weiteren Erläuterung. Es gibt nur eine solche Institution auf Erden. "In ihrer Hand hielt sie einen goldenen Becher, der mit Greueln und mit dem Schmutz ihrer Buhlerei gefüllt war." Trotz ihres prachtvollen Aussehens war der goldene Becher in ihrer Hand voller Greuel.
Auch die Buhlerin aus Offbg. 17 ist Mutter. Darüber gibt uns der 5. Vers Aufschluß: "... und auf ihrer Stirn stand ein Name geschrieben, ein Geheimnis: 'Groß-Babylon, die Mutter der Buhlerinnen und der Greuel der Erde.'" In der letzten Phase ist es nicht nur Babylon, sondern "Groß-Babylon". Sie hat viele Töchter, die aus ihrem Schoß hervorgegangen sind. Wie die Mutter von Gott abgefallen und Ihm untreu geworden ist, wandten sich auch ihre Töchter — die Denominationen — vom Original-Wort Gottes und damit von Ihm ab und verstrickten sich in eigenen Lehren und selbstformulierten Glaubensbekenntnissen. Sie nahmen unbiblische Überlieferungen von ihrer Mutter als Erbe mit, trieben wie sie in den Augen Gottes geistliche Hurerei und werden somit von Ihm ebenfalls als Buhlerinnen bezeichnet.
Was Johannes in Vers 6 berichtet, ist schockierend: "Ich sah das Weib trunken vom Blut der Heiligen und vom Blut der Zeugen Jesu. Bei ihrem Anblick geriet ich in großes Staunen." Die Kirchengeschichte gibt die Zahl der Märtyrer unterschiedlich an. Die höchste Schätzung liegt, soweit dem Schreiber bekannt ist, bei 68 Millionen. Die tatsächliche Anzahl der um des Glaubens willen Ermordeten weiß nur Gott. Kein Wunder also, daß Johannes erstaunt war, als er dieses Weib vom Blut der Heiligen und der Zeugen Jesu trunken sah. Für Uneingeweihte mag das unvorstellbar sein, doch die wahrhaft an Christus Gläubigen werden seit jeher von dem antichristlichen System verfolgt. In Offbg. 18 steht zum Schluß: "... durch deine Giftmischereien sind alle Völker verführt worden; und in ihr ist das Blut der Propheten und Heiligen und aller derer gefunden, die auf der Erde hingeschlachtet worden sind" (Vers 23-24).
Die Kirchengeschichte ist tief in das Blut der Märtyrer getaucht. Erst im Zweiten Vatikanischen Konzil, das von 1962 bis 1965 dauerte, hat man sich darauf geeinigt, den Fluch über die Juden nicht länger aufrechtzuerhalten, die als "Christusmörder" gebrandmarkt wurden. Die Juden sind aufgrund dieser Verfluchung seitens der Päpste in all den Jahrhunderten verfolgt, enteignet und getötet worden! Das gleiche geschah mit allen Andersgläubigen. Doch wer spricht heute noch von dem Massaker in Irland? Wer kennt noch die Hintergründe der spanischen Inquisition oder der Bartholomäusnacht in Frankreich? Wer weiß, was mit den Hugenotten geschah oder mit den Mennoniten? Wer hat je von der Enteignung und Vertreibung der Waldenser gehört? Was ist mit all den Bannflüchen, die besonders auf dem Konzil zu Trient über "Andersgläubige" ausgesprochen wurden? Sie wurden nicht aufgehoben. An der Zielsetzung und am Wesen dieser Institution hat sich nichts geändert, nur an der Strategie. Werden nicht alle Anders- bzw. biblisch Gläubigen immer noch als Ketzer, Sektierer usw. betrachtet?
In Offbg. 17, von Vers 7 wird uns die geheimnisvolle Gesamtkonstellation noch einmal sehr genau geschildert. Der Engel fragte Johannes: "Warum bist du so erstaunt? Ich will dir Aufschluß geben über das Geheimnis des Weibes und des Tieres, auf dem sie sitzt und das die sieben Köpfe und zehn Hörner hat." Er bekam folgende Erläuterung: "Das Tier, das du gesehen hast, ist dagewesen und ist nicht mehr; doch wird es aus dem Abgrund wieder heaufsteigen und ins Verderben fahren." Diese Macht kommt nicht von oben, sondern von unten. Ihr Anführer und die ihm folgen, fahren ins Verderben wie Judas. Durch den Untergang des römischen Reiches büßte Rom seine Weltmacht vorübergehend ein, doch am Ende wird es durch den religiösen Einfluß in einem unvorstellbaren Ausmaß wieder erstarken.
Wer immer noch rätselt, dem möge der folgende Vers die letzten Zweifel nehmen: "Hier ist Verstand erforderlich, der mit Weisheit gepaart ist. Die sieben Köpfe sind sieben Berge, auf denen das Weib thront." Der Zusammenhang beweist eindeutig, welche Stadt es ist, die auf sieben Hügeln erbaut wurde. Wer aufmerksam gelesen hat, müßte auch imstande sein, die Beschreibung des Weibes richtig einzuordnen, das in dieser sogenannten "ewigen" Stadt ihren Sitz hat. Doch es ist, wie Gottes Wort uns sagt, göttliche Weisheit gepaart mit dem rechten Verständnis notwendig, um es zu erkennen.
Die sieben Köpfe haben jedoch nicht nur eine einfache Bedeutung: sie versinnbildlichen außerdem sieben hervorragende Herrscher, von denen fünf bereits gewesen waren, als Johannes die Vision sah; der sechste war zu seiner Zeit da, und der siebte gehört in die Endzeit. Drittens symbolisieren sie aber auch die führenden Köpfe innerhalb des wiederhergestellten römischen Welt-Imperiums.
"Ferner das Tier, das gewesen war und nicht mehr da ist, ist selbst der achte und gehört trotzdem zu den sieben und fährt dahin ins Verderben" (Vers 11). Das ist höchst interessant. Hier ist von einem achten Machthaber die Rede, der auch als Tier bezeichnet wird.
Wer an einer Besichtigung des Vatikans teilnimmt, erfährt als erstes, daß der Vatikan ein selbständiger Staat ist mit allem, was zu einer irdischen Regierung gehört. So begreifen wir, daß der achte geographisch zu den sieben gehört, aber trotzdem eigenständig als "Vatikanstadt" existiert. Ein Staat mitten in einem Staat, klarer kann es nicht gemacht werden. Damit sich biblische Prophetie erfüllt, hat Benito Mussolini durch die Lateran-Verträge im Jahre 1929 dem Papst die "Vatikanstadt" als Hoheitsgebiet zugesichert. Am 20. Juli 1933 folgte das Reichskonkordat zwischen Hitler und Pius XI. Damit hatten die beiden katholischen Männer die mächtige Kirche hinter sich.
Folgende Zusammenhänge wurden dem Johannes erläutert: "Die Wasser, die du gesehen hast, wo die Buhlerin thront, sind Völker und Scharen, Völkerschaften und Sprachen" (Vers 15). Das betrifft Europa, wo es schon damals eine Masse von Völkern und Sprachen gab. Der 18. Vers bedarf keiner weiteren Erläuterung: "Das Weib endlich, das du gesehen hast, ist die große Stadt, welche die Herrschaft über die Könige der Erde hat."
Wer will leugnen, daß alle maßgebenden Persönlichkeiten, besonders Politiker, die aufsteigen möchten, nach Rom reisen? Gäbe es dort nicht den Vatikan, würde keiner von ihnen dieser Stadt irgendeine Bedeutung beimessen. So aber gehören Berichte von Audienzen der Persönlichkeiten aller Systeme mit zu den wichtigsten Schlagzeilen und Berichterstattungen der Massenmedien.
Durch die diplomatischen Kanäle ist eine unbegrenzte Einflußnahme in jedem wichtigen Land der Erde möglich geworden. Es gibt nur eine Macht auf Erden, die sowohl offen als auch versteckt Herrschaft über Könige und Staatsoberhäupter, über Demokratien und Diktaturen ausübt. Es gibt nur eine weltumfassende Supermacht.